„Aber du kennst mich doch?“, insistiert, bittet, ja fleht Adam Barklay (Ulrich Voß). Seine Worte richtet er an Chief Inspektor John Parker (Thomas Gumpert). Der hat ihn zur Befragung ins Polizeirevier bestellt. Nur wird aus der Befragung allmählich ein Verhör, aus dem Zeugen ein Verdächtiger. Dabei sind Barklay und Parker seit vielen Jahren befreundet, kennen die Familie und die Schicksalsschläge des jeweils anderen. Warum dann die bohrenden Fragen, warum die unglaubliche Anschuldigung, Barklay habe zwei kleine Mädchen sexuell missbraucht und umgebracht?
Die Indizien allerdings scheinen erdrückend. War Barklay nicht genau zur Tatzeit an den Orten, wo die Verbrechen geschahen? Hat er nicht der kleinen Nachbarstochter Eis und Zuckerwatte spendiert und sie fotografiert? Warum gibt es keine Zeugen, die Barklay entlasten könnten?
Ulrich Voß spielt den renommierten, vermögenden Rechtsanwalt, dessen bisheriges Leben sich im Laufe des Verhörs langsam auflöst, äußerst beeindruckend. Zunächst gibt er sich souverän und verweist Sergeant Hastings (Mario Krüger), für den er von Anfang an als Schuldiger feststeht, in seine Schranken. Als sich jedoch auch Ehefrau Lilian (Heide Domanowski) gegen ihn wendet und selbst Parker immer nachdrücklicher sein Schuldeingeständnis fordert, verwandelt er sich in einen nervösen, zitternden Mann, der um Worte zu seiner Verteidigung ringen muss. Und dem man, würde es nicht Parker tun, am liebsten ein Glas Wasser oder besser noch einen Arzt holen würde.
Das Bühnenbild unterstützt die bedrückende Situation. Zwei Bildschirme rechts und links signalisieren: Hier gibt es kein Entkommen. Jede Bewegung, jede Geste, jeder Gesichtsausdruck werden in Großaufnahme gezeigt und können gedeutet werden. Im Zweifel für oder gegen den Angeklagten? Und spätestens wenn Ulrich Voß den ehemaligen Freund vor Wut schäumend auffordert, er solle der Farce endlich ein Ende machen und die Wahrheit sagen, möchte man laut „ja“ dazwischenrufen – nur damit der Fall endlich gelöst ist. Doch ist Barklay wirklich der Mörder?
Berliner Kriminaltheater
03.03.2015 – 11.06.2015
Auch veröffentlicht auf www.livekritik.de.