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Gebrauchsanweisung für Prag und Tschechien – eine Reise durch mein Lieblingsland

Es gibt Bücher von denen ich wünschte, ich hätte sie selbst geschrieben. Die „Gebrauchsanweisung für Prag und Tschechien“ von Martin Becker gehört dazu. Das Buch ist eine Liebeserklärung an das Land, das auch ich am meisten liebe. Und Martin Becker, der seit vielen Jahren regelmäßig nach Tschechien reist, mag genau die Sachen, die auch mich am meisten an Tschechien faszinieren: die Kneipen und die Gespräche mit den Leuten, mit denen man beim Bier versackt; Schriftsteller wie Ota Pavel und Bohumil Hrabal; den tschechischen Humor, mit dem man über Dinge lacht, über die man auch gut heulen könnte; smažený sýr s tatarkou (gebackener Edamer mit Tatarsauce), ohne den ein Tschechien-Besuch nicht vollständig ist; Kontraste wie die historische Prager Altstadt und den unsäglich hässlichen Fernsehturm in Žižkov; das Iser- und das Altvatergebirge; Zugfahren in gemütlichem Tempo quer durchs Land oder den Blick von der Vyšehrad auf die Prager Burg und die abendliche Stadt.

Martin Becker

Der Autor Martin Becker wirft einen tiefen Blick in die tschechische Seele. © Ekko von Schwichow

Genau wie ich hat er sich an dieser furchtbar komplizierten Sprache abgearbeitet, die einen mit sieben Fällen, zahllosen grammatikalischen Ausnahmen und unaussprechlichen Wörtern, am besten ausschließlich aus Konsonanten, quält. Und bei der man zu alledem noch zwischen Schrift- und Umgangssprache unterscheiden muss, je nachdem, ob man mit Freunden quatscht oder eine offizielle Reden hält.

Martin Becker nimmt den Leser mit auf eine Reise jenseits der Orte, die die gängigen Reiseführer empfehlen. Er meidet bewusst die Prager Altstadt, die zahllosen Burgen und Schlösser oder andere pitoreske Städtchen wie Telč oder Český Krumlov. Stattdessen lässt er sich treiben, ohne Eile und mit dem Blick auf eher unscheinbare oder ungewöhnliche Dinge. Besonders schön sind die kleinen Anekdoten, die er immer wieder einfließen lässt und so wie nebenbei erklärt, was man bekommt, wenn man eine Dršťková bestellt, ob man sein Bier lieber als mlíko, šnyt oder hladinka trinken sollte und warum der tschechische Gruß „Ahoj“ seinen Ursprung nicht in der Sehnsucht der Tschechen nach dem Meer hat.

Mlíko, šnyt oder hladinka - das ist die Frage.

Hladinka, mlíko oder šnyt – das ist die Frage.

Wunderbar erzählt sind auch die Verbindungen zwischen tschechischer Geschichte und aktuellen Ereignissen, wie dem (fiktiven) Nationalhelden Jára Cimrman und der Unterhosenaktion der tschechischen Künstlergruppe Ztohoven oder dem künstlerischen Underground um Václav Havel und dem Theater Divadlo Archa, in dem Havels letztes Theaterstück aufgeführt wurde und das heute mit den typischen Auswirkungen der Gentrifizierung wie steigenden Mieten und Produktionskosten zu kämpfen hat.

Martin Becker zeichnet in seinem Buch ein liebevolles und dennoch wahres und aktuelles Bild von Tschechien. Wer das Land und seine Hauptstadt abseits der vorgegeben Touristenpfade kennenlernen und einen tieferen Blick in die tschechische Seele werfen möchte, sollte sich gemeinsam mit ihm auf die Reise begeben.

gap

Das Buch „Gebrauchsanweisung für Prag und Tschechien“ von Martin Becker ist im Piper-Verlag erschienen (ISBN: 978-3-492-27675-7).

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