Karl Rossmann liegt auf der Bühne des Theaters in Bremen – auseinandergenommen, zerfetzt, kaputt. Eine überlebensgroße Puppe, die Gliedmaßen verstreut auf den Brettern, daneben Kopf und Torso. Dabei hatte es eigentlich ganz gut angefangen für Karl, der 16jährig von seinen Eltern nach Amerika geschickt wurde. Nicht geschickt, sondern „beiseite geschafft, wie man eine Katze vor die Tür wirft, wenn sie ärgert“. [Weiterlesen]
Das perfekte Stück zur politischen Lage – „Nationalstraße“ am Staatsschauspiel Dresden
Ich konnte es sehen und hören, dass es zwei Tage vor der Bundestagswahl in Dresden brodelte. Zum Beispiel an den Wahlplakaten von SPD und CDU, die mit „Volksverräter“-Stickern überklebt waren. Oder an den zwei älteren Männern, die sich lauthals vor dem goldenen Reiter über die Politiker und Bonzen „da oben“ aufregten, die endlich mal einen Denkzettel bräuchten. Oder daran, dass sich in der „Sächsischen Zeitung“ Leute mit Foto und Namen offen dazu bekannten, AfD zu wählen. Das der Denkzettel so deutlich zugunsten der rechtsextremen Partei ausfallen würde, hat selbst meine schlimmsten Befürchtungen übertroffen. [Weiterlesen]
Weniger ist manchmal mehr – Rezension zu Nationalstraße am Theater Bremen
Vandam ohne echtes Bier und ohne echte Schlägerei? Das konnte nicht gutgehen. Dabei fing die Inszenierung von Nationalstraße am Theater Bremen verheißungsvoll an. Gleich zu Anfang erhob sich der Protagonist nackt aus dem Schaum. Ein netter Effekt mit Aufmerksamkeitsgarantie. Zudem war die Bühnendekoration stimmig: der Wald aus Tannenbäumen, das Lagerfeuer, die typisch sozialistischen Metallgitter und darüber der Nordstern als Symbol für die Kneipe „Severka“.[Weiterlesen]
Kein Leben nach Fahrplan – Rezension zu Alois Nebel
Es liegt so einiges im Nebel im Altvatergebirge. Die Geschichte hat Wunden hinterlassen, die die Zeit nicht heilen kann. 1938. 1945. 1968. 1989. Bedeutende Jahreszahlen in der tschechischen Geschichte. Zahlen, die in dem Theaterstück Alois Nebel immer wieder auftauchen, eindringlich und unverrückbar. Zahlen, die der Fahrdienstleiter Alois Nebel versucht, mit anderen Zahlen aus dem Kopf zu bekommen – den Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Züge, die an dem kleinen Bahnhof Bílý Potok halten oder vorbeifahren. Es gelingt ihm nicht. [Weiterlesen]
„Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft“ – Rezension zur Graphic Novel Zátopek
Emil Zátopek war ein sportliches Ausnahmetalent. Seinen Erfolg verdankte er jedoch hauptsächlich seinem disziplinierten und exzessiven Training, das ihn zum besten Langstreckenläufer seiner Zeit machte. Der Schriftsteller Jan Novák und der Zeichner Jaromír 99 haben Emil Zátopek nun eine Graphic Novel gewidmet. [Weiterlesen]
Tschechischer Humor und die Katastrophen des Lebens – Rezension zum Buch „Nationalstraße“
Mit diesem Vandam werde ich einfach nicht warm. Er säuft, zettelt Kneipenschlägereien an, war im Knast und sieht sich selbst als Patrioten, als letzten Tschechen, der seine Prager Siedlung am Rand der Stadt verteidigen muss. Seinen Kosmos, in dem Fremde nichts zu suchen haben. Nur leider kommt mir dieser Vandam irgendwie bekannt vor. [Weiterlesen]