Die Schneekönigin war als Kind eines meiner Lieblingsmärchen. Zuerst habe ich es mir vorlesen lassen, dann selbst gelesen und mittlerweile habe ich es in den unterschiedlichsten Versionen gesehen: als Trickfilm, als Märchenfilm, im Theater und als Puppenspiel. Nicht immer hat mich die Umsetzung überzeugt, vor allem seit ich selbst Mutter bin und mir die Vorführungen mit meiner Tochter ansehe. Einmal musste ich sogar mitten in einer Vorstellung das Theater verlassen, ein zitterndes, weinendes Kind auf dem Arm.
Von der Vorstellung in der Schaubude waren wir allerdings beide begeistert. Mirjam Hesse verstand es vom ersten Augenblick an, sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen mitzunehmen. Es war beeindruckend und überaus wirkungsvoll, wie sie die Umgebung von Kai und Gerda, die Jahreszeiten und die Nebenfiguren mit nur wenigen Requisiten skizzierte. Die Schneekönigin, angedeutet mit einer Maske aus durchsichtigem Plastik und einem weißen Tuch, das sie in großen Schwüngen immer enger um Kai zusammenzog, ließ einen sogar frösteln.
Die Puppen von Gerda und Kai waren sehr liebevoll und detailliert gestaltet. Dass es sie in zwei Ausführungen gab – einmal in groß und einmal in klein – ermöglichte zudem einen Wechsel der Perspektive: Wurde mit den großen Puppen gespielt, waren die Zuschauer „hautnah“ an den Gerda und Kai dran. Beim Einsatz der kleinen Puppen konnte man dagegen den aussichtslos erscheinenden Kampf der Kinder gut nachempfinden. Zum Beispiel, als die kleine Gerda fast in dem riesigen Bettlaken – den weißen Weiten des Nordpols – verschwand, oder als Kai vor dem riesigen Spiegel der Schneekönigin versuchte, aus Eiskristallen das Wort zu bilden, das ihm die Freiheit wiedergeben sollte.
Die Mischung aus liebevollen Details und angedeuteten Charakterisierungen war perfekt abgestimmt und ließ Kindern und Erwachsenen genug Raum für die eigene Fantasie. Und obwohl die Erzählweise eher ruhig war und glücklicherweise ohne laute oder aufdringliche Effekte auskam, hielt die Spannung bis zum Schluss. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Mirjam Hesse komplett im Spiel aufging und sich ihre Begeisterung aufs Publikum übertrug.
Schaubude Berlin
10.02.2015 – 15.02.2015
Auch veröffentlicht auf www.livekritik.de.